Treppe ohne Treppenwerkzeug – kein Problem in ARCHICAD. Baut Eure individuelle Treppe, wie Ihr sie braucht: Als 3D-Extrusion, die Ihr als Objekt speichert.
Für eine architektonische Vorstudie kann es sinnvoll sein, zur Konstruktion einer Treppe auf ARCHICAD’s ausgefeiltes Treppen-Werkzeug zu verzichten. Denn Ihr habt die Möglichkeit, eine Treppe aus einer selbstgezeichneten 2D-Kontur zu extrudieren. Die notwendigen Schritte will ich Euch hier kurz zeigen
- 2D-Kontur
- 3D-Extrusion
- Treppenläufe als Objekt speichern
- Erstes Treppen-Objekt im Grundriss einsetzen
- Das Podest
- Komplette Treppe als Objekt speichern
- Mehr Fangpunkte für das Treppen-Objekt
- Fazit: Vorteile, Nachteile, Links
2D-Kontur <
Nehmen wir an, Ihr wisst schon, welche Geometrie Eure Treppe haben soll – dann zeichnet Ihr sie erst einmal als Kontur in Euer EG-Grundrissfenster:
Nehmen wir weiter an, der untere Treppenlauf liegt vorn, der obere hinten und der Podest hat einen halbkreisförmigen Abschluss. Die Treppenläufe sollen eine Breite von jeweils 0,90 m haben, der Abstand soll 0,20 m betragen. Die zweiläufige Treppe soll also 2,00 m breit sein.
Die anschließenden Decken sind 0,25 m dick. Der Podest dementsprechend auch, damit die Knicklinien der Untersicht sauber unter den Abschlusskanten der anschließenden Auftritte liegen.
Diese 2D-Zeichnung, erstellt im Grundrissfenster, dient jetzt als Basis für ihre 3D-Extrusion.
3D-Extrusion <
Ein 3D-Körper entsteht jetzt dadurch, dass wir die 2D-Kontur mit 3D-Substanz füllen, d.h. indem wir sie extrudieren. Dazu verwenden wir das Decken-Werkzeug, weil das für diesen Zweck am einfachsten zu händeln ist.
Zunächst aktiviert das Decken-Werkzeug und öffnet seine Einstellungen. Wir werden die Treppenläufe separat modellieren. Für den unteren Lauf stellt Ihr Folgendes ein:
- Dicke 0,90 m (die spätere Laufbreite)
- Abstand zur 0-Ebene = 2,00 m (die spätere Gesamtbreite)
- Ursprungsgeschoss EG (also das Geschoss, dessen Basisebene auf Gesamt 0,00 liegt)
- Baustoff: Allgemein Bauteil
- Klassifizierung: Treppen-Lauf
Klickt jetzt mit gedrückter Leertaste auf die Kontur des unteren Treppenlaufs – bevor Ihr klickt, stellt sicher, dass Euch ARCHICAD auch wirklich die blaue Vorschau der korrekten Kontur anzeigt. Dazu müsst Ihr u.U. verschiedene Stellen der Kontur mit der Maus ansteuern:
Nach dem einen (!) Klick solltet Ihr beim Shift-Klick innerhalb der Kontur angezeigt bekommen, dass Ihr dort wirklich ein Decken-Objekt hineingezeichnet habt:
Wiederholt das Ganze jetzt für den oberen Lauf. Ein Detail stellt Ihr anders ein: Der Höhenbezug der “Decke” soll jetzt 0,90 m über 0,00 sein:
Klickt wieder mit gedrückter Leertaste, diesmal auf die Kontur des oberen Laufs:
Und auch hier sollte Ihr nach einem (!) Klick ein Stück Decke produziert haben:
Wählt beide Decken-Objekte aus und drückt STRG-3, um Euer Werkstück im 3D-Fenster zu checken:
So sollte es jetzt aussehen. Es muss Euch nicht irritieren, dass das Gebilde noch falsch im Raum liegt. Das ändern wir jetzt, wenn wir es als Objekt speichern.
Treppenläufe als Objekt speichern <
Bevor wir uns an das Podest machen, wird jetzt erstmal das bisher Gebaute als Objekt gespeichert und dabei in die richtige Lage gebracht.
Wählt den Befehl Ansicht – 3D-Darstellungsmodus – Standort & Projektionsart:
Hier wählt Ihr die Axonometrie-Einstellungen aus:
In den Axonometrie-Einstellungen wählt Ihr wiederum die Option Seitenansicht …
… und stellt die Blickrichtung auf 90° (entspricht Norden):
Bestätigt mit OK – jetzt solltet Ihr Folgendes sehen:
Falls nicht, drückt STRG-0. Was Ihr seht, ist Euer Konstrukt, welches die Treppenläufe auf der Seite liegend darstellt, als Seitenansicht von Norden betrachtet. Diese Blickrichtung wird gleich nach dem Speichern zur Draufsicht.
Achtet drauf, dass die beiden Decken-Objekte ausgewählt sind, und wählt den Befehl Ablage – Bibliotheken & Objekte – Auswahl sichern als … – Objekt … :
ARCHICAD erklärt Euch jetzt auch noch mal, was ich oben schon geschrieben habe:
Bestätigt mit OK. Dann legt einen neuen Ordner innerhalb der eingebetteten Bibliothek an, wenn Ihr nicht schon einen habt:
Gebt dem Ordner einen sinnvollen Namen, gebt Eurem Treppen-Provisorium einen sinnvollen Namen, und bestätigt mit Sichern. Ein weiteres Fensterchen bittet um Eure Beachtung:
Das könnt Ihr alles mit OK bestätigen.
Vertiefende Informationen zu dem eben Beschriebenen findet Ihr in der ARCHICAD-Hilfe.
Jetzt sind wir mal neugierig, wie das Ganze als Treppe aussieht.
Erstes Treppen-Objekt im Grundriss einsetzen <
Wechselt zurück in den EG-Grundriss und wählt das Objekt-Werkzeug aus. Euer neues Treppchen sollte als Objekt startklar sein:
Klickt irgendwo hin, um das Objekt zu platzieren. Schaut es Euch im 3D-Fenster an. Vergesst nicht, in der Projekt-Mappe für die 3D-Darstellung wieder die Allgemeine Perspektive zu wählen, sonst seht Ihr nur eine langweilige Nordansicht. Drückt notfalls STRG-0 und/oder wählt per Rechtsklick Alles in 3D anzeigen, falls Ihr nichts seht:
Ihr seht rechts Eure Decken-Objekt-Baustelle und links Euer fast fertiges Treppchen. Glückwunsch erstmal. Bevor wir jetzt das Podest konstruieren, checken wir noch die korrekte Höhenlage des Objekts im Schnitt. Dazu zeichnet Euch mit A eine Schnittmarker-Linie in den Grundriss (vor dem Treppen-Objekt) und wechselt in diesen Schnitt:
Wie Ihr seht, hat ARCHICAD den untersten Punkt des Objekts als Nullpunkt verwendet – damit liegt die Treppe aber konstruktiv 0,25 m zu weit oben. Kein Problem – ändert in den Einstellungen für das Objekt den Höhenbezug auf -0,25 m. Jetzt sitzt die Treppe richtig:
Das Podest <
Wir ergänzen das Treppenlauf-Paar jetzt um das Podest. Dies zeichnen wir wieder als Decke, aber diesmal schon in der richtigen Lage.
Stellt das Decken-Werkzeug wie folgt ein:
- Dicke 0,25 m
- Höhenbezug Oberkante 1,225 m zum Projektursprung
Zeichnet damit im Grundriss-Fenster eine Decke links anschließend an die Treppenlauf-Figur:
Das Objekt soll zunächst 1,00 m (X-Koordinate) breit und 2,00 m (Y-Koordinate) tief sein. Kontrolliert das Ergebnis im Schnitt:
Hier sieht alles richtig aus – die Höhenlage stimmt, und das Podest hat sich aufgrund der gleichen Baustoffzuordnung sogar monolithisch mit den Läufen verbunden. So soll es sein.
Das Podest soll einen halbkreisförmigen Abschluss haben. Wechselt dazu zurück in den Grundriss. Wählt die Podestplatte aus und klickt länger auf einen der äußeren Eckpunkte. In der Tool-Palette wählt den Befehl Abrunden/Abschrägen aus:
Trag den Wert 1,00 m ein (1 reicht) und achtet drauf, dass die Option Auf alle Ecken anwenden nicht ausgewählt ist. Bestätigt mit OK:
Wiederholt das Ganze für die andere Außenecke. Das Ergebnis ist der perfekt abgerundete Podest:
Zur Kontrolle schaut im 3D-Fenster nach:
Wie man sieht, gibt es in meinem Beispiel zwischen Podest und oberem Lauf eine Linie, die nicht da sein müsste. (Auf der anderen Seite ist dort keine Linie.) Vermutlich hätte man den Radius der Abrundung auf 0,999 m setzen können, um das zu vermeiden. Das alles ist aber kein Problem, weil man die Linie auch beim Layouten leicht entfernen kann.
Jetzt muss aber der ganze Treppenkörper nochmals als Objekt gespeichert werden, um das Ganze zum Abschluss zu bringen.
Komplette Treppe als Objekt speichern <
Wechselt in den Grundriss, denn diesmal zeigt er die korrekte Draufsicht der späteren Treppe. Wählt jetzt das zuerst erstellte Objekt mit den Treppenläufen und den neuen Podest zusammen aus. Wählt wieder den Befehl Datei – Bibliotheken & Objekte – Auswahl sichern als … – Objekt … :
Vergebt wieder einen sinnvollen Namen und speichert das Objekt. Wichtig: Im abschließenden Dialogfenster zu den grafischen Eigenschaften achtet darauf, dass gleichartige Dinge wie Oberflächen und Linien auch gleich eingestellt sind. Hier kann es nämlich Unterschiede geben aufgrund der additiven Konstruktion aus mehreren Komponenten:
Jetzt könnt Ihr das fertige Treppenobjekt im Modell einsetzen:
Ihr seht, dass das fertige Treppen-Objekt 5 Fangpunkte hat (oben), von denen nur 2 wirklich sinnvoll sind. Das können wir gleich noch ändern. Erst einmal schauen wir uns das Ergebnis noch einmal in einer anderen Ansicht an:
ARCHICAD hat wieder den untersten Punkt auf die Nullhöhe gesetzt. Das brauchen wir jetzt nicht zu korrigieren, bloß achtet später darauf, dass Ihr beim Platzieren im Projekt die richtige Höhenlage einstellt. Jetzt, wie gesagt, fügen wir noch ein paar sinnvollere Fangpunkte ein.
Mehr Fangpunkte für das Treppen-Objekt <
Im Artikel über den Bau eigener Fenster hatte ich bereits gezeigt, wie Ihr für ein GDL-Objekt – und um das handelt es sich auch bei Eurer neuen Treppe – die Grundrissdarstellung nach Euren Vorstellungen ändern könnt. Unsere Treppe hat auf jeden Fall zuwenig Fangpunkte. Stellt Euch vor, Ihr wollt die Stufen bemaßen – Ihr könntet Euch noch nicht einmal an ihren Kanten einfangen.
Die folgende Aktion ist nicht besonders umständlich – folgt einfach den Anweisungen. Zunächst mal brauchen wir eine 2D-Liniengrafik unserer neuen Treppe. Am einfachsten bekommt Ihr so etwas immer mit dem Arbeitsblatt-Werkzeug. Aktiviert es …
… und achtet darauf, dass die erste Geometriemethode links gecheckt ist:
Klickt jetzt irgendwo in Euren Grundriss. Öffnet dann das entsprechende Arbeitsblatt-Fenster, entweder durch Rechtsklick auf den Marker im Grundriss oder durch Doppelklick auf den neuen Eintrag in Eurer Projektmappe:
In diesem neuen Fenster werden jetzt alle Inhalte Eures Grundrissfensters in 2D dargestellt. Klickt testweise mal auf die Linien Eures neuen Treppen-Objekts:
Da wir diese Linien jetzt gleich an die entsprechende Stelle unseres Objekt-Editierungstools (des GDL-Editors) einkopieren werden, ist es eine gute Idee, hier noch schnell eine Lauflinie einzuzeichnen. Nehmt das Linien– und das Kreisbogen-Werkzeug:
Für die geraden Linienabschnitte stellt Ihr Marker ein, bei der oberen einen Kreis für den Start- und bei der unteren eine Pfeilspitze für den Endpunkt. Löscht Linien, die es nicht gibt – jeder Treppenlauf soll 7 Steigungen haben, denkt dran. Sorgt an dieser Stelle auch noch einmal dafür, dass alle Linien die gleiche Stiftnummer haben, auch die Kreisbögen. Ich habe aus dem Stiftset SW 1:20/50 den Stift Nr. 3 mit der Dicke 0,35 mm gewählt. Natürlich könnt Ihr diese Stiftzuordnung bei jedem platzierten Treppen-Objekt individuell ändern, wenn Ihr wollt.
Checkt nochmal stichprobenartig, ob es doppelte Linien gibt und löscht sie.
Wenn alles getan ist, wählt alles zusammen aus und drückt STRG-C, um es in den Zwischenspeicher zu kopieren.
Wählt jetzt den Befehl Datei – Bibliotheken & Objekte – Objekt öffnen …
Im Dateiauswahl-Dialog sucht Euer finales Treppen-Objekt und öffnet es:
Es öffnet sich ARCHICAD’s imposanter GDL-Editor. (In meinem Artikel über die Erstellung eigener Fenster kommt er auch zum Einsatz.) Hier klickt Ihr links erstmal auf die Schaltfläche 2D-Skript:
Es öffnet sich ein neues Fenster mit sehr viel Text. Den wählt Ihr mit STRG-A komplett aus und löscht ihn.
Dann wechselt Ihr wieder in das GDL-Editor-Hauptfenster und klickt auf die Schaltfläche 2D-Symbol:
Es öffnet sich ein weiteres Fenster, in dem Ihr jetzt Eure 2D-Treppenzeichnung per STRG-V einfügt. Verschiebt das Linien-Grüppchen so, dass es mit einer Ecke auf den Koordinaten-Ursprung zu liegen kommt:
Ihr seht, dass Kreis- und Pfeilsymbol verschwunden sind – ARCHICAD unterstützt im 2D-Symbol-Editor diese Art der Liniengrafik nicht. Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir es im Arbeitsblatt nicht zeichnen müssen. Notgedrungen zeichnen wir jetzt also hier noch einmal die beiden Symbole ein – schließlich stehen uns im 2D-Symbol-Fenster Zeichenwerkzeuge zur Verfügung:
Und dann, ganz wichtig, damit wir mehr Fangpunkte bekommen – nehmt das Fixpunkt-Werkzeug und platziert überall dort Punkte, wo Ihr später im Grundriss Fangpunkte haben wollt:
Die Arbeit im 2D-Symbol-Fenster des GDL-Editors ist damit beendet – schließt alle Tabs des Editors. Beim Schließen des letzten werdet Ihr aufgefordert, die Änderungen zu sichern:
Bestätigt mit Sichern, wechselt wieder in das Grundrissfenster und setzt das neue Treppen-Objekt ein:
Ihr seht – auch wenn es Euch etwas umständlich vorgekommen sein mag – die Grundrissdarstellung Eurer selbstgebauten Treppe sieht jetzt richtig aus. Denkt dran, dass Ihr je nach Lage im Grundriss eventuell Bruchlinien einzeichnen müsst – das könnt Ihr dann wieder über den Weg eines Arbeitsblatts machen. Zur korrekten Darstellung einer Treppe im Grundriss gibts hier ein Video von mir – die Lösungsvorschläge beziehen sich dort aber auf die Features in ARCHICAD’s Treppen-Werkzeug.
Fazit <
In ARCHICAD eine Treppe selbst konstruieren – also ohne das Treppen-Werkzeug – ist weder schwer noch umständlich.
Der Vorteil: Wenn Ihr genau wisst, was Ihr wollt, kommt Ihr mit dem vorgeschlagenen Weg schneller zum Ziel.
Der Nachteil: So ein Treppen-Objekt ist nicht parametrisch – die kleinste Änderung an Steigungszahl, -höhe, Auftrittsbreite, Treppenbreite, Geschosshöhe etc. bedeutet, dass Ihr ein weiteres Objekt erstellen müsst. Außerdem ist eine korrekte Grundrissdarstellung, sofern Ihr die Treppe nicht allein in der Draufsicht seht, nur händisch zu erreichen (s. weiter oben). Ein Geländer müsst Ihr selbst bauen, auf ähnliche Weise – es gibt hier keine parametrische Verknüpfung wie bei ARCHICAD’s dezidiertem Treppen- und Geländer-Werkzeug.
In diesem Artikel beschreibe ich die Konstruktion eigener Fenster – ohne ARCHICAD’s Fenster-Werkzeug.
Hier gibt es Videos zum Thema Decken-Konstruktion.
Hier findet Ihr alles, was die ARCHICAD-Hilfe zum Thema sagt.
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