In ArchiCad könnt Ihr ein 3D-Gelände mit dem Freiflächen-Werkzeug konstruieren. 3D-Gelände Quick & Dirty zeigt Euch, wie Ihr superschnell ein 3D-Gelände aus einem 2D-Lageplan erzeugt. Dabei könnt Ihr ArchiCads Zauberstab einsetzen, um 2D-Höhenlinien mit wenigen Klicks 3D nachzuzeichnen.
Dies ist übrigens die Textfassung meines Videos, das in meinem YouTube-Channel publiziert ist. Das Video findet Ihr auch auf dieser Seite am Ende des Tutorials und auf dieser Seite. Die Bilder hier sind Screenshots aus dem Video – daher auch die Sprechblasen auf einigen von ihnen.
Und damit Ihr dies Tutorial in ArchiCad nachvollziehen könnt, gibt’s hier die ArchiCad-Projektdatei mit der 2D-Vorlage zum Download.
ArchiCad: 3D-Gelände, 3 Varianten
Hier seht Ihr drei prinzipiell gleiche Geländemodelle. Alle haben rechteckigen Zuschnitt, alle drei steigen an (von 0,00m bis 10,00m) und alle drei werden durch die gleichen Höhenlinien gegliedert (2,00m, 4,00m, 6,00m, 8,00m).
Was Ihr auch seht: Die Modelle haben nicht die gleiche Qualität, was ihre Polygonstruktur betrifft:

Das rechte Modell ist nahezu perfekt: Es zeigt gleiche Punktabstände auf den Höhenlinien und überall gleich große Polygone. Es erfordert zwar viel Handarbeit, Ihr lernt aber, wie Ihr damit “automatischere” Algorithmen Eures CAD-Modellers notfalls korrigieren könnt.
Das mittlere Modell zeigt gleiche Punktabstände auf den Höhenlinien und gleich große Polygone – bis auf zwei Ausnahmen: an stärker gekrümmten Abschnitten der Höhenlinien kürzt ArchiCad ab und erzeugt Terrassen wie beim linken Modell. Dieses Modell dauert etwas länger als das Exemplar links, der Aufwand hält sich aber noch im Rahmen.
Das linke Modell zeigt unterschiedliche Punktabstände auf den Höhenlinien und starke Unterschiede in den Polygongrößen. Diese Konstruktion geht am schnellsten und ist Thema dieses Artikels.
Geheimwaffe Zauberstab?
ArchiCads Zauberstab ist das wichtigste Hilfsmittel in diesem Tutorial – er hilft Euch dabei, besonders schnell ein 3D-Gelände aus einer 2D-Unterlage zu erzeugen. (Dass er dabei Fehler machen kann, wird auch Thema sein.)
Deshalb will ich dieses Feature mal vorab demonstrieren.
Der Zauberstab ist kein Tool aus ArchiCads Werkzeugkasten, im Prinzip ist er vielmehr eine weitere Zeichenmethode für alle Werkzeuge, die auf Linien- bzw. Polygonbasis arbeiten. Also ergänzt der Zauberstab quasi die Geometriemethoden Polygon, Rechteck, Gedrehtes Rechteck für z.B. das Wand-Werkzeug, das Decken-Werkzeug, das Freiflächen-Werkzeug …
Mit der Zauberstab-Methode fahrt Ihr beim Neu-Zeichnen eines Elements ein bereits vorhandenes Element nach.
Bevor ich das jetzt lange in der Theorie beschreibe, ein Beispiel. Nehmt an, Ihr habt eine Kurve, die mit dem Spline-Werkzeug gezeichnet wurde:

Nehmt weiter an, den Spline habt Ihr nur gezeichnet, weil Ihr eigentlich eine 3D-Wand haben wollt, die ebenso gekurvt verläuft.
Dann aktiviert Ihr das Wand-Werkzeug. ArchiCad ist jetzt bereit dafür, dass Ihr eine Wand zeichnet – drückt die Leertaste, haltet sie gedrückt und klickt auf den Spline. Jawoll:


3D-Gelände Quick & Dirty: Grundplatte
Ihr habt soeben mit der “Geometriemethode” Zauberstab eine gekurvte Wand gezeichnet. Grundlage war eine 2D-Kurve – ein Spline.
Schaut Euch jetzt diese Zeichnung an:

Das ist meine 2D-Grundlage für die 3 Geländemodelle, die ich Euch weiter oben gezeigt habe. Ihr seht, dass es sich bei den dreien um identische Zeichnungen handelt. Und alle zeigen ein Rechteck – für den Umriss des 3D-Geländes – und Splines, die Höhenlinien des Geländes darstellen sollen. Nehmt diese Zeichnungen einfach als Beispiel für beliebige 2D-Lagepläne, z.B. im DXF-Format.
Die oberste der drei Zeichnungen werden wir uns in diesem Tutorial vornehmen. Und dabei – darum geht’s ja – den Zauberstab verwenden:

O.K. Zunächst mal brauchen wir wieder unseren Basis-Quader. Aktiviert das Freiflächen-Werkzeug mit der Geometriemethode Rechteck und zeichnet mit 2 Klicks ein solches Rechteck über die 2D-Figur:


Das Ergebnis ist noch nicht so spannend:

3D-Gelände Quick & Dirty: Höhenlinien
Nun geht’s an die Splines. Ihr wollt ja weitere Punkte auf Eurer Freifläche haben, die Ihr soeben begonnen habt. Dazu müsst Ihr bekanntlich das Objekt auswählen und das passende Werkzeug. Das geht am schnellsten mit zwei Tricks:
Haltet die ALT-Taste gedrückt – Euer Mauszeiger wird zur Pipette. Klickt jetzt damit auf Euer Gelände-Rechteck: ArchiCad aktiviert das Werkzeug, mit dem Ihr das Ding gezeichnet habt (das Freiflächen-Werkzeug in diesem Fall).
Drückt die SHIFT-Taste und klickt auf Eure Freifläche, um sie auszuwählen. (Das Drücken der SHIFT-Taste macht jedes gerade aktive Werkzeug zum Auswahl-Werkzeug.)
Die beiden Tricks entfalten ihren Witz natürlich nur, wenn die Freifläche nicht bereits ausgewählt und das Freiflächen-Werkzeug nicht bereits aktiv war:

Jetzt dürft Ihr mit gedrückter Leertaste (Zauberstab!) nacheinander auf die Splines klicken. Wenn Ihr das macht, kommt Euch ArchiCad mit einem Dialogfenster. Neue Punkte hinzufügen ist das Einzige, was ArchiCad hier machen kann – deswegen müsst Ihr hier nichts klicken – aber achtet darauf, dass Auf anwenderdefinierte Kanten anpassen gewählt ist:


Das mit der Kantenanpassung ist hier strenggenommen noch nicht wichtig – Ihr solltet Euch aber merken, dass die gewählte Option für ein 3D-Gelände fast immer die richtige ist. Fertig?

3D-Gelände Quick & Dirty: Höhe 2,00m
Jetzt habt Ihr genügend Punkte für Eure Freifläche. Was noch fehlt, sind die richtigen Höhen. Die linke Rechteck-Kante soll die Höhenlinie 0,00m darstellen, da braucht Ihr nichts zu unternehmen. Dann kommen die Punkte auf den Splines, von links nach rechts. Der Reihe nach:
Blendet die 2D-Splines aus – klickt einen von ihnen an und wählt dann: Menü Dokumentation – Ebenen – Ebenen Extras – Ausgewählte Ebenen unsichtbar. Ihr seht jetzt an Stelle der Splines die von Euch gezeichneten Polygonzüge.
Schaut, dass Eure Freifläche nicht mehr ausgewählt ist (Ihr lest richtig: nicht):

Klickt den ersten Polygonzug an – er soll ausgewählt sein (man sieht seine Punkte), die restliche Freifläche aber nicht:

Klickt auf einen der Punkte. ArchiCad will wahrscheinlich, dass Ihr den dann verschiebt. Das liegt an der voreingestellten Option, die in der kleinen Tool-Palette aktiv ist. Klickt einfach auf die Option Freiflächenpunkt in der Höhe verschieben:

Jetzt dürft Ihr in einem neuen Fensterlein einen Höhenwert eingeben. Für unser Beispiel und wenn Ihr den ersten Polygonzug links bearbeitet, gebt für die Höhe 2 ein (für 2,00m). Macht einen Haken bei Auf alle anwenden, denn es sollen ja alle Punkte Eures Polygonzugs gleich hoch liegen:

Glückwunsch, Eure zweite Höhenlinie steht! (Die erste ist die Randkante links mit der Höhe 0,00m.) ArchiCad hat die ausgewählten Punkte auf 2,00m Höhe geliftet und Eure Freifläche ein wenig umgefaltet:


3D-Gelände Quick & Dirty: Höhe 4,00m, 6,00m, 8,00m
Jetzt müsst Ihr das natürlich für jeden weiteren Polygonzug machen, in unserem Fall wären das, weiter nach rechts gehend, die Höhen 4,00m, 6,00m und 8,00m. Denkt dabei immer daran, dass der jeweilige Polygonzug einzeln ausgewählt ist und dass Ihr beim Zuweisen der Höhe immer Auf alle anwenden wählt. Das Ergebnis sollte dann erstmal so aussehen:


3D-Gelände Quick & Dirty: Höhe 10,00m
Die letzte Aktion besteht darin, die rechte Randkante des 3D-Geländes auf ihre korrekte Höhe zu befördern: 10,00m. Das geht jetzt wieder so: Klickt ihre 2 Eckpunkte nacheinander an – ArchiCad öffnet sein Höhen-Fenster – und gebt für die Höhe 10 ein (für 10,00m). Und jetzt, ganz wichtig: Bitte nicht Auf alle anwenden!

Denn sonst, logisch, würdet Ihr aus Eurem ansteigenden Gelände ein Hochplateau machen. Wenn alles glatt gelaufen ist, sollte Euer 3D-Gelände so aussehen:

3D-Gelände Quick & Dirty: Fazit
Warum das Tutorial Quick & Dirty heißt, seht Ihr spätestens jetzt. Die entstandenen Polygone unterscheiden sich stark in ihren Abmessungen, was ein paar Nachteile mit sich bringt. Zum Beispiel wird ein Durchbruch in diesem 3D-Gelände (für ein Haus z.B.) das ohnehin unruhige Polygon-Mesh noch stärker durcheinander bringen. Aber auch die Belegung mit einer Textur für Renderzwecke wird durch die starken Größenunterschiede erschwert.
Das Grundproblem ist hier der Zauberstab, der zwar flott Freiflächenpunkte auf den Splines verteilt, aber dabei recht ungleichmäßig vorgeht. Ihr könnt die Auflösung oder Punktdichte, die der Zauberstab erzeugt, zwar erhöhen (Menü Planung – Zauberstab-Einstellungen…):

Aber das Dilemma, dass ArchiCad auf verschieden gekrümmten Abschnitten eines Splines (unser Beispiel) die Punkte verschieden dicht setzt, löst sich dadurch nicht. Die Polygone würden zwar alle kleiner werden, wären aber immer noch zu verschieden in ihrer Größe.
Trotzdem: In ArchiCad lässt sich ein 3D-Gelände mit dem Zauberstab am schnellsten erzeugen. Und wenn die 2D-Höhenlinien gleichmäßiger gekrümmt sind als in diesem Beispiel und auch die Randkanten des Geländes stärker unterteilt (was ich in 2 weiteren Artikeln zeige), hält sich auch die Unruhe bei den Polygongrößen in Grenzen.
Geschafft!
Das war’s erstmal. Weitere Artikel von mir zum Thema:
- 3D-Gelände Base Camp (Grundlagen Freiflächen-Werkzeug)
- 3D-Gelände 50 : 50 (Modell Mitte)
- 3D-Gelände HighRes (Modell rechts)

Und hier, wie versprochen, das Video:
Wie dieser Blog entstanden ist, könnt Ihr hier nachlesen.
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